BCS beim Pferd und was wie beurteilt wird

Was genau versteht man unter dem BCS (Body Condition Score) von Pferden? Welche Körperregionen werden in die Beurteilung mit einbezogen und welche nicht? Worauf muss man bei der Begutachtung der einzelnen Bereiche achten? Antworten auf diese Fragen geben wir Euch in diesem Artikel.

  • Definition BCS beim Pferd
  • Dicker Bauch – dickes Pferd?
  • Mit dem BCS die passende Futtermenge errechnen
  • Wie bestimmt man den BCS?
  • Hier wird der BCS ermittelt
  • Für welche Pferde ist das BCS-System anwendbar?
Beim Body Condition Scoring wird ermittelt, ob das Pferd dünn, normal oder dick ist. Daraus lassen sich wichtige Rückschlüsse über die Fütterung ziehen.

Beim Body Condition Scoring wird ermittelt, ob das Pferd dünn, normal oder dick ist. Daraus lassen sich wichtige Rückschlüsse über die Fütterung ziehen

Definition BCS beim Pferd

Der Body Condition Score (BCS) zeigt den Ernährungszustand bzw. die Körperfülle eines Pferdes an. Dabei werden sechs definierte Körperregionen beurteilt:  Hals, Schulterpartie, Rippen der Brustwand, Rücken und Kruppe, Hüfthöcker sowie die Linie zwischen Schweifansatz und Sitzbeinhöcker. Um den BCS zu ermitteln, werden Fettreserven und Knochenstrukturen ertastet und begutachtet. So findest Du recht zuverlässig heraus, ob Dein Pferd zu dick oder zu dünn oder völlig normal ist. Wenn Du den BCS kennst und weitere Körpermaße misst, kannst Du zudem auch ohne Waage relativ exakt das Gewicht Deines Pferdes bestimmen. Diese Infos helfen Dir - und uns in der Beratung - die Fütterung und Futtermenge genau auf Dein Pferd abzustimmen.

Dicker Bauch – dickes Pferd?

Das Gewicht eines Pferdes mit einem einzigen Blick zu beurteilen, ist fast nicht möglich. Nur extrem dünne oder dicke Pferde erkennt man sofort. Vor allem sollte man sich auf keinen Fall vom Bauchumfang eines Pferdes irritieren lassen - denn der Bauch sagt beim Pferd nichts über die Fettreserven aus. Der Bauchumfang variiert stark, je nachdem, wie der Dickdarm gefüllt ist. Das nennt man dann Weidebauch oder Heubauch. Ein großer Bauch, kann aber auch die Folge falschen Trainings oder einer erschlafften Bauchmuskulatur sein. 

Mit dem BCS die passende Futtermenge errechnen

Aus dem Body Condition Score und einigen Maßen des Pferdes lässt sich das Körpergewicht recht genau berechnen – praktisch, wenn man gerade keine Waage zur Verfügung hat.

Formel zur Gewichtsberechnung:

Körpergewicht (kg) = -1160 + 1,538 x Körperumfang (cm) + 1,487 x Halsumfang (cm) + 2,594 x Widerristhöhe (Bandmaß, cm) + 1,336 x Brustumfang (cm) + 6,226 x Röhrbeinumfang (cm) + 13,631 x BCS (Stufe).

Anhand von Körpergewicht und BCS lässt sich dann die richtige Futtermenge für Dein Pferd bestimmen. Vor allem bei sehr dünnen und sehr dicken Pferden reicht das Körpergewicht als Wert für die Berechnung allein nicht aus - vor allem nicht, wenn eine Gewichtszu- oder abnahme das Ziel ist.

Wie bestimmt man den BCS?

Es gibt mehrere Wege den BCS bei Pferden zu bestimmen. Wir verwenden für Warmblüter ein sehr genaues System nach Kienzle&Schramme. Sechs Körperregionen werden einzeln auf einer Skala von 1 bis 9 beurteilt. Der Durchschnitt der Einzelwerte ergibt dann den Body Condition Score. Ideal ist ein BCS von 5 bis 6. Die meisten Pferde haben einen BCS zwischen 4 und 7. Um die erste Beurteilung Deines Pferdes zu erleichtern, haben wir die Skala von 1 bis 9 vereinfacht.

Vereinfachte BCS-Einteilung

BCS 1 bis 3

zu dünn

BCS 4 bis 6

normal

BCS 7 bis 9

zu dick

 

BCS am Hals des Pferdes messen


Auf dem PDF „Ist Dein Pferd zu dick oder zu dünn?“ findest du die genaue Einteilung und Zuordnung von BCS 1 bis 9 – auch zum Ausdrucken.

Hier wird der BCS ermittelt

Um den Body Condition Score beim Pferd zu ermitteln, werden diese Körperregionen beurteilt

Um den Body Condition Score beim Pferd zu ermitteln, werden diese Körperregionen beurteilt.

Hals

Betrachte als Erstes die Seitenfläche des Halses. Ist diese nach innen gewölbt (konkav) entspricht das je nach Wölbung einem BCS von 1 bis 3. Eine leicht nach außen gewölbte (konvexe) Halsfläche ist normal. Je stärker die Halsfläche nach außen gewölbt ist, desto höher ist der BCS - er liegt dann zwischen 7 und 9.

Zusätzlich kannst Du die Höhe des Kammfetts messen. Das Pferd hat dabei den Kopf gesenkt und man misst den Abstand von der oberen Linie der Halsmuskulatur bis zum Mähnenkamm.

BCS am Hals des Pferdes messen
BCS anhand des Kammfettes messen

Schulter

Das Schulterblatt des Pferdes verläuft diagonal vom Widerrist in Richtung Brust. Beim dünnen oder normalen Pferd sieht oder erahnt man den Schulterknochen und kann ihn leicht erstasten. Als Nächstes versucht man, mit zwei Fingern eine Hautfalte zu greifen, was beim mageren Pferd nicht und beim normalen Pferd nur unter Spannung möglich ist. Beim dicken Pferd gelingt dies sehr leicht und ohne Spannung.

An der Gurtlage sind die vorderen Rippen (7. und 8. Rippe) bei einem dünnen Pferd gut, bei einem normalen Pferd nur undeutlich zu sehen. Beim zu dicken Pferd sind diese Rippen mit einer Speckschicht bedeckt und nicht mehr fühlbar. Beim normalen und zu dicken Pferd kann auch hier eine Hautfalte gebildet werden.

BCS an der Schulter des Pferdes messen

Brustwand und Flanke

Wenn man mit der Hand an der Brustwand weiter nach hinten fährt, sind die Rippen beim normalen Ernährungszustand (BCS 5 bis 6) leicht zu fühlen, aber nicht deutlich sichtbar. Beim zu dünnen Pferd (BCS 1 bis 3) sind Rippen zu sehen. Je weiter vorne die sichtbaren Rippen liegen, umso dünner ist das Pferd. Beim zu dicken Pferd (BCS 7 bis 9) liegt das Unterhautfettgewebe so dick auf den Rippen, dass diese nur mit Druck oder gar nicht mehr ertastet werden können. Die Fingerkuppen sinken beim Abtasten deutlich ein.  

Im hinteren Teil der Bauchwand ist die Haut beim zu dünnen Pferd nicht verschiebbar. Bei einem normalen BCS, also zwischen 5 und 6, kann man die Haut , ein wenig bis relativ gut, verschieben. Beim sehr dicken Pferd kann man mit Spannung eine Haut- bzw. Speckfalte greifen.

BCS an Brustwand und Flanke des Pferdes messen

Rücken und Kruppe

Die Dornfortsätze der Wirbelsäule sind nur beim zu dünnen Pferd sichtbar.  

Beim normalen Pferd ist die Haut etwas, beim zu dicken Pferd gut verschiebbar. Beim dünnen Pferd lässt sie sich nicht verschieben.

Die Kruppe fühlt sich beim zu dicken Pferd weich an und ist konvex (nach außen gebogen). Allerdings kann die Kruppe auch bei dünnen Pferden höckerähnlich aussehen, was dann ein erster Hinweis auf EMS sein kann. 

BCS an Rücken und Kruppe des Pferdes messen

Hüfte

Direkt vor der Hüfte ist die Flanke des Pferdes nach innen gewölbt. Diese Wölbung nennt man „Hungergrube“. Ist die Hungergrube zu sehen, ist das Pferd nicht dick. Ist sie mit Fettgewebe ausgefüllt und nicht zu sehen, ist das Pferd dick.

Der Hüfthöcker steht beim dünnen Pferd deutlich hervor und die vordere Kante, die zum Kopf hinzeigt, zeichnet sich scharf ab. Beim normalen Ernährungszustand ist der Hüfthöcker klar erkennbar, aber die Kanten sind abgerundet. Je dicker das Pferd, desto weniger sichtbar, ist der Hüfthöcker - er ist nur noch erahn- und fühlbar.

BCS an der Hüfte des Pferdes messen

Schweifansatz und Sitzbeinhöcker

Der Sitzbeinhöcker befindet sich knapp unterhalb des Schweifansatzes und zeigt nach hinten. Beim normalen Pferd ist er nicht zu sehen, nur fühlbar.

DieLinie vom Schweifansatz bis zum Sitzbeinhöcker ist beim normalen Pferd (BCS 5) gerade, beim zu dünnen Pferd konkav (nach innen gewölbt) und beim zu dicken Pferd konvex (nach außen gewölbt).  

Um den Schweifansatz herum kann beim dünnen Pferd nur mit Druck das feste Muskelgewebe (evtl. sogar Wirbelknochen) ertastet werden. Beim normalen Pferd befindet sich hier ein leichter Fettansatz und es fühlt sich leicht schwammig an. Bei dicken Pferden ist das Gewebe um den Schweifansatz sehr weich und lässt sich leicht eindrücken.

BCS an Schweifansatz und Sitzbeinhöcker des Pferdes messen

Für welche Pferde ist das BCS-System anwendbar?

Generell wurde das hier beschriebene System für Warmblüter entwickelt. Allerdings gibt es Einschränkungen bei Warmblutpferden mit rassetypischen Körperausformungen.

Die folgenden Bilder zeigen ein paar typische Beispiele.

BCS am Hals des Pferdes messen

Der „Axthieb“ bei Arabern und Vollblütern, der laut BCS-Bewertungssystem beim Warmblut nur bei zu dünnen Pferden (BCS 1 bis 4) vorkommt

BCS am Hals des Pferdes messen

Hengste haben naturgemäß mehr Kammfett ("Hengsthals") als Stuten oder Wallache.

BCS am Hals des Pferdes messen

Die „gespaltene Kruppe“ oder „Rinne“ ist z. B. beim Irish Cob (Tinker) kein Zeichen für Fettansatz, sondern Anzeichen einer guten Muskulatur.

BCS am Hals des Pferdes messen

„Rundere Hüften“ sind zum Beispiel bei „Barockpferden“ gewünscht. Auch bei amerikanischen Rassen wie dem Quarter Horse sind die Hüften durch die starke Bemuskelung der Hinterhand runder.

BCS am Hals des Pferdes messen

Bei alten Pferden nimmt das Fettgewebe an manchen Stellen überproportional ab, z. B. am Widerrist.

Wenn solche Besonderheiten vorliegen, müssen diese einzelnen Körperregionen relativiert bewertet werden.
Kaltblüter und Ponys können mit diesem BCS-System nur tendenziell beurteilt werden. Kaltblüter haben bei normalem BCS schon oft mehr Kammfett und eine gespaltene Kruppe. Ponys und „Robustrassen“ wirken durch ihren gedrungenen Körperbau oft rundlicher. Somit ist auch hier z. B. die Hüftregion anders zu bewerten.

Literatur

  • Kienzle E, Schramme SC, 2004. Beurteilung des Ernährungszustandes mittels Body Condition Scores und Gewichtsschätzung beim adulten Warmblutpferd. Pferdeheilkunde 20 (2004) 6 (Nov/Dez) 517-524
  • Kathrin Irgang. Videos zur BCS-Bestimmung https://www.youtube.com/watch?v=Ct3AHEfKjA0
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